Das Behindertengleichstellungsgesetz hat das Ziel, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

Aus der Sicht der IT beinhaltet das Gesetz mehrere wichtige Punkte:

  1. Definition der Barrierefreiheit im § 4 BGG,
  2. Verpflichtung für die öffentlichen Stellen des Bundes im § 12 a BGG und
  3. Erklärung zur Barrierefreiheit für die Webseiten und mobilen Anwendungen der öffentlichen Stellen des Bundes im § 12 b BGG.

Darüber hinaus regelt das BGG im § 13 die Errichtung der zentralen Organe für die Überwachung der Barrierefreiheit: Bundesfachstelle und Überwachungsstelle.

Ausnahmen

Nach § 12 a Absatz 6 BGG dürfen öffentliche Stellen von den Vorgaben zur Barrierefreiheit abweichen, soweit die barrierefreie Gestaltung eine unverhältnismäßige Belastung bewirken würde. Die Ausnahmeregelung ist dabei restriktiv anzuwenden. Die englische Fassung der Richtlinie (EU) 2016/2102 spricht insoweit klarstellend von „excessive burden“ (deutsche Übersetzung „unverhältnismäßige Belastung“), um die Bedingung der Unverhältnismäßigkeit zu unterstreichen.

Keine hinreichenden Gründe sind:

  • mangelnde Priorität, Zeit oder Kenntnis,
  • sowie die fehlende Beschaffung oder Entwicklung, der für die barrierefreie Gestaltung erforderlichen Software (Erwägungsgrund 39 der Richtlinie (EU) 2016/2102).

Der Gesetzgeber geht in der Begründung zu § 12 a Absatz 6 BGG davon aus, dass öffentliche Stellen, die schon bisher verpflichtet waren, ihre Websites und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten, sich im Regelfall nicht auf eine Ausnahme von der Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung berufen können (BT-Drs. 19/2072, Seite 29). Zu beachten ist außerdem die Einschränkung der Möglichkeit für eine Ausnahme durch das Wort „soweit“. Ausnahmen sind nur zulässig, soweit die barrierefreie Gestaltung eine unverhältnismäßige Belastung bewirken würde.
Inhalte und Funktionen, bei denen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht vorliegen, sind daher ebenso barrierefrei zu gestalten. Hinzu kommt, dass die Gründe für eine Ausnahme vollständig und nachprüfbar in der Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlicht werden müssen (§ 12 b Absatz 2 Nr. 1 b BGG).
Ziel der Vorschriften in § 12 a ff. BGG und § 3 ff. BITV 2.0 ist es, in jedem Einzelfall eine umfassende und grundsätzlich uneingeschränkte barrierefreie Gestaltung zu verwirklichen und sicherzustellen (siehe § 1 Absatz 1 BITV 2.0).

Die Richtlinie (EU) 2016/2102 lässt für bestimmte Inhalte Ausnahmen von der generellen Verpflichtung zur Barrierefreiheit zu.

  • Dokumente und Formulare sind nur dann nicht barrierefrei zu gestalten, wenn sie:

    • vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden,
    • und gleichzeitig nicht für aktive Verwaltungsverfahren verwendet werden. (Artikel 1 Absatz 4 R (EU) 2016/2102).
  • Dienste Dritter, die in einen Web-Auftritt oder eine mobile Anwendung eingebunden werden, müssen nicht barrierefrei sein, wenn sie weder von der betreffenden öffentlichen Stelle finanziert oder entwickelt wurden, noch deren Kontrolle unterliegen (Artikel 1 Absatz 4 R (EU) 2016/2102).
  • Inhalte im Intranet müssen nur dann nicht anlasslos barrierefrei gestaltet werden, wenn sie vor dem 23. September 2019 veröffentlicht wurden. Dies gilt nur bis zu einer grundlegenden Überarbeitung der Website. (Artikel 1 Absatz 4 R (EU) 2016/2102).

Stand: 19.12.2023