Ausblick: Weiterentwicklung WCAG 3.0

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Gesetze und Richtlinien

Da sich die digitale Welt rasant entwickelt und Anwendungen immer vielfältiger werden, müssen die Standards stetig weiterentwickelt werden.

W3C Accessibility Guidelines (WCAG 3.0)

Die W3C Accessibility Guidelines 3.0 werden ein Nachfolger der WCAG 2.2 und früherer Versionen sein, ersetzen diese Versionen allerdings nicht. Die WCAG 3.0 werden Inhalte aus den Richtlinien für die Barrierefreiheit von Benutzeragenten 2.0 (UAAG20) und den Richtlinien für die Barrierefreiheit von Autorentools 2.0 (ATAG20) enthalten und diese teilweise erweitern.

Obwohl es viele Überschneidungen zwischen den WCAG 2.2 und den WCAG 3.0 geben wird, beinhalten die WCAG 3.0 zusätzliche Tests und verschiedene Bewertungsmechanismen. Daher sind die WCAG 3.0 nicht abwärtskompatibel. Es handelt sich vielmehr um einen alternativen Satz von Richtlinien.

Die Accessibility Guidelines Working Group (AG WG) hat einen ersten Entwurf der W3C Accessibility Guidelines 3.0 veröffentlicht. Der aktuelle Entwurf umfasst einen Vorschlag für einen neuen Namen, Umfang, Struktur und ein neues Konformitätsmodell. Aus „Web Content Accessibility Guidelines“ soll „W3C Accessibility Guidelines” werden. Mit dem neuen Namen soll einerseits der Umstand aufgezeigt werden, dass längst nicht mehr nur noch Webinhalte allein im Fokus von digitaler Barrierefreiheit stehen sollten. Andererseits soll dem tiefgreifenden Strukturwandel des Standards, in Bezug zur aktuellen WCAG-Serie, Rechnung getragen werden. Durch die Beibehaltung des alten Akronyms soll jedoch eine Wiedererkennbarkeit und eine schnelle thematische Einordnung gewährleistet werden.

Die Ziele für die WCAG 3.0 sind:

  • leichtere Verständlichkeit,
  • mehr Benutzerbedürfnisse abdecken, einschließlich der Bedürfnisse von Menschen mit kognitiven Einschränkungen,
  • Flexibilität, um verschiedene Arten von Webinhalten, Apps, Tools und Organisationen zu adressieren.

Gemeinsamkeiten zu früheren Versionen:

  • Bereitstellung von Anleitungen für die Umsetzung von Webinhalten und Apps für Menschen mit Behinderungen,
  • grundlegende und spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit.

Unterschiede zu früheren Versionen:

  • andere Struktur,
  • anderes Konformitätsmodell,
  • breiterer Anwendungsbereich, über den reinen Webinhalt hinausgehend.

WCAG 3.0 unterstützendes Material:

  • Methoden

    • technologiespezifische Wege, um ein Ergebnis zu erzielen
    • Tests für das Ergebnis
    • ähnlich wie die Techniken für WCAG 2.x
  • Anleitungen

    • erklären mehr über jede Leitlinie, z. B. wie sie den Anforderungen an die Barrierefreiheit gerecht wird
    • ähnlich wie die Understanding-Dokumente für WCAG 2.x
  • Funktionskategorien von funktionalen Anforderungen

    • kategorisierte Liste der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen

Auf der Website des World Wide Web Consortiums (W3C) sind aktuelle Informationen zur WCAG 3.0 einzusehen.

Entwurf des Konformitätsmodells

Das Konformitätsmodell ist der Weg, um zu bestimmen und zu kommunizieren, wie gut ein Prüfobjekt die WCAG erfüllt. Das Konformitätsmodell im Entwurf der WCAG 3.0 unterscheidet sich stark von den WCAG 2.x.

Es gibt mehrere verschiedene Aspekte im Entwurf des WCAG 3.0-Konformitätsmodells:

  • Die Konformität konzentriert sich eher auf Prozesse (Aufgaben wie das Bestellen eines Artikels oder die Anmeldung zu einem Kurs) als auf Websites.
  • Die Ergebnisse können über das Bestehen oder Nichtbestehen hinaus bewertet werden (siehe Bewertungsskala).
  • Die Bewertungen werden zu einer Gesamtpunktzahl gemittelt. Es gibt auch eine Punktzahl für jede Funktionskategorie (z. B. Sehvermögen, Hörvermögen, kognitive Fähigkeiten usw.).

Die WCAG 3.0 definieren drei Konformitätsstufen: Bronze, Silber und Gold. Bronze ist die minimale Konformitätsstufe. Inhalte, die nicht den Anforderungen der Stufe Bronze entsprechen, entsprechen nicht den WCAG 3.0.

Inhalte, die dem Bronze-Level entsprechen:

  • müssen eine Gesamtpunktzahl von mindestens 3,5 haben,
  • müssen in jeder Funktionskategorie eine Punktzahl von mindestens 3,5 haben und
  • dürfen keine kritischen Fehler in ihren Seiten und Prozessen aufweisen.

Die Konformität mit dieser Spezifikation auf Bronze-Niveau bedeutet nicht, dass jede Anforderung in jeder Richtlinie vollständig erfüllt wird. Bronze-Level bedeutet, dass der Inhalt im Umfang keine kritischen Fehler aufweist und den Mindestprozentsatz erfüllt.

Silber und Gold sind höhere Konformitätsstufen, die zusätzliche Ergebnisse ansprechen. Einige ganzheitliche Tests sind erforderlich, um die Konformität mit diesen Stufen zu überprüfen.

Bewertungsskala

Eines der Ziele der WCAG 3.0 ist es, die Bewertung von Erfolgskriterien über eine binäre Wahr/Falsch-Auswahl auf Seitenebene hinaus zu erweitern. In den meisten Fällen führt das Testen einzelner Objekte zu einem binären, bestandenen/nicht bestandenen Ergebnis für jedes Element. In der Folge kommt der Test entweder zu einem Pass/Fail-Ergebnis (bestanden/nicht bestanden) oder einer prozentualen Bewertung. Für einige Tests kann eine Bewertungsskala bereitgestellt werden, um es Testern zu ermöglichen, eine Qualitätsbeurteilung einem Element oder Inhaltsblock zuzuweisen. Ob die Bewertung binär (bestanden/nicht bestanden) ist oder Bewertungsskalen verwendet, hängt von der Methode, dem Ergebnis und der Technologie ab. Genaue Richtlinien zu den Schwellenwerten werden noch bekannt gegeben.

Entwurfsbeispiel: Bewertungen für das Ergebnis „Textalternative vorhanden“:

Bewertung
0
(very poor)
Weniger als 60 % aller Bilder haben entsprechende Textalternativen oder es liegt ein kritischer Fehler im Prozess vor.
1
(poor)
60%-69% aller Bilder haben entsprechende Textalternativen und es liegen keine kritischen Fehler im Prozess vor.
2
(fair)
70%-79% aller Bilder haben entsprechende Textalternativen und es liegen keine kritischen Fehler im Prozess vor.
3
(good)
80%-94% aller Bilder haben entsprechende Textalternativen und es liegen keine kritischen Fehler im Prozess vor.
4
(excellent)
95%-100% aller Bilder haben entsprechende Textalternativen und es liegen keine kritischen Fehler im Prozess vor.

Stand: 17.04.2024